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In der Tiefe des Raums

Die mi­li­tä­ri­sche Er­schlie­ßung des Welt­raums ist ein Trend un­se­rer Zeit. Auch die Bun­des­wehr baut ein Welt­raum­kom­man­do auf. loyal hat es be­sucht.

Im La­ge­zen­trum des Welt­raum­kom­man­dos: Des­sen Lei­ter Oberst i.G. Marco Man­der­feld (l.) und der dienst­ha­ben­de Of­fi­zier ana­ly­sie­ren die op­ti­sche Dar­stel­lung einer er­rech­ne­ten Auf­prall­wahr­schein­lich­keit zwei­er Sa­tel­li­ten.

Foto: Ste­phan Pram­me

welt­raum­kom­man­do

Das Welt­raum­kom­man­do der Bun­des­wehr ent­steht dort, wo die alte Bun­des­re­pu­blik stra­te­gi­sche Tiefe such­te: am länd­li­chen Nie­der­rhein, nahe der hol­län­di­schen Gren­ze, auf einer Hü­gel­kup­pe beim Dörf­chen Uedem. Schon im Kal­ten Krieg legte die Bun­des­wehr hier einen Stütz­punkt an. Basen weit im Wes­ten waren be­liebt, um we­nigs­tens ein wenig Raum für das schma­le West­deutsch­land zu schaf­fen, soll­te es zum Krieg gegen die So­wjets kom­men. Unter dem Ue­de­mer Hügel liegt der NATO-Luft­ver­tei­di­gungs­ge­fechts­stand für den Nord­teil des Al­li­anz­ge­bie­tes. Von hier aus wird das NATO Air Po­licing im Bal­ti­kum ge­steu­ert. Nach den Ter­ror­at­ta­cken von 09/11 kam noch das Na­tio­na­le Luft­si­cher­heits­zen­trum hinzu.

Nun geht es darum, die Tie­fen des Welt­raums mi­li­tä­risch zu er­schlie­ßen. „Die letz­te Di­men­si­on, die noch offen ist“, so Oberst i.G. Marco Man­der­feld im Ge­spräch mit loyal. Er ist der mi­li­tä­ri­sche Lei­ter des Welt­raum­la­ge­zen­trums und Chef des Sta­bes Welt­raum­kom­man­do der Bun­des­wehr. Die sper­ri­ge Funk­ti­ons­be­zeich­nung rührt aus einer Be­son­der­heit: Die deut­sche Va­ri­an­te eines Welt­raum­la­ge­zen­trums wird ko­ope­ra­tiv von einem zi­vi­len Lei­ter des Deut­schen Zen­trums für Luft- und Raum­fahrt (DLR) und einem mi­li­tä­ri­schen der Luft­waf­fe ge­führt. Den Streit­kräf­te­an­teil wer­tet die Bun­des­wehr zur­zeit zum Kom­man­do auf. Doch die Mi­li­tärs sind noch in der Ju­nior­rol­le. Res­sour­cen wie Fach­wis­sen, Pro­gram­me und Tech­nik kom­men vor allem vom DLR.

Dem 42-jäh­ri­gen Luft­waf­fen­of­fi­zier Man­der­feld be­rei­tet seine Pio­nier­ar­beit sicht­lich Freu­de, auch wenn das Kom­man­do, vor dem er steht, eher einem Po­tem­kin­schen Dorf äh­nelt. Das Klin­ker-Stabs­ge­bäu­de samt schmu­ckem Wap­pen und Flag­gen­wald davor ist ein Roh­bau. Man­der­feld und seine Män­ner ar­bei­ten noch in Bau­con­tai­nern.  Das hin­der­te die Amts­vor­gän­ge­rin der jet­zi­gen Ver­tei­di­gungs­mi­nis­te­rin nicht, vor der Fas­sa­de das Welt­raum­kom­man­do ver­gan­ge­nen Herbst in Dienst zu stel­len. Welt­raum­si­cher­heit gilt als Gro­ß­the­ma un­se­rer Zeit – ideal für Po­li­ti­ker, um sich damit zu schmü­cken, weil man sich so als stra­te­gi­scher Kopf prä­sen­tie­ren kann. Auch weil die jüngs­ten Kri­sen der Öf­fent­lich­keit an­schau­lich zei­gen, wie wich­tig die Welt­raum­in­fra­struk­tur ist. So ist die „Star­link“-Kon­stel­la­ti­on mit Mi­kro­sa­tel­li­ten des US-Un­ter­neh­mers Elon Musk dau­er­haft me­di­al prä­sent. Bei der Hoch­was­ser­ka­ta­stro­phe im Ahr­tal kol­la­bier­te dort das In­ter­net. Star­link sorg­te für ra­schen Er­satz. Im Ukrai­ne­krieg ba­siert die ef­fi­zi­en­te Feu­er­lei­tung der ukrai­ni­schen Streit­kräf­te auf Musks Mi­kro­sa­tel­li­ten.

Oberst i.G. Marco Man­der­feld, mi­li­tä­ri­scher Lei­ter des Welt­raum­la­ge­zen­trums, vor des­sen Te­le­sko­pen in Uedem. (Foto: Ste­phan Pram­me)

Welt­weit stre­ben die Staa­ten da­nach, Struk­tu­ren auf­zu­bau­en, um ihre Sa­tel­li­ten-In­fra­struk­tur im Welt­all zu schüt­zen und die an­de­rer an­grei­fen zu kön­nen. China hat seit 2015 ein Joint-Com­mand für Ope­ra­tio­nen im All, Cyber- und elek­tro­ni­sche Kriegs­füh­rung. Die USA bauen in­zwi­schen eine Teil­streit­kraft für das All auf. Ver­meint­lich stellt der UN-Welt­raum­ver­trag von 1967 noch das gül­ti­ge Welt­raum­recht dar: keine Mas­sen­ver­nich­tungs­waf­fen im All und keine An­eig­nung des­sel­bi­gen. Doch die­sen An­spruch hat die Ent­wick­lung längst über­rannt. Die USA wer­ben um Bei­tritt zu ihrem Ar­te­mis-Ab­kom­men, einem Re­gel­werk zur Er­schlie­ßung von Welt­raum­res­sour­cen wie Roh­stof­fen auf Me­teo­ri­ten. Frank­reich ist vor kur­zem bei­ge­tre­ten, Deutsch­land zö­gert noch. Wie üb­lich sind die Deut­schen keine Vor­rei­ter bei stra­te­gi­schen The­men der Si­cher­heits­po­li­tik, son­dern tas­ten sich lang­sam heran.

„An­stoß war für uns ins­be­son­de­re der Iri­di­um-Zwi­schen­fall 2009“, er­läu­tert Welt­raum­la­ge­zen­trums­lei­ter Man­der­feld. Da­mals flo­gen eine rus­si­sche Sonde und der US-Sa­tel­lit Iri­di­um 33 in­ein­an­der, zer­split­ter­ten und er­zeug­ten eine mas­si­ve Teil­chen­wol­ke im All. Sol­cher Welt­raum­schrott nimmt ste­tig zu, nicht zu­letzt durch ge­ziel­te Ab­schüs­se ei­ge­ner aus­ge­dien­ter Sa­tel­li­ten durch die Gro­ß­mäch­te, um zu zei­gen, dass man in der Lage wäre, jene der Kon­kur­ren­ten zu er­wi­schen. Die über die Um­lauf­bah­nen ja­gen­den Schrott­tei­le ge­fähr­den immer häu­fi­ger die ak­ti­ven Sa­tel­li­ten, deren An­zahl zudem zu­nimmt.

Dich­tes Bild von Ob­jek­ten im All auf­bau­en

Ziel des Welt­raum­la­ge­zen­trums von Luft­waf­fe und DLR ist ein mög­lichst dich­tes Bild von Ob­jek­ten im All auf­zu­bau­en, um zu er­ken­nen, wann Deutsch­lands Sa­tel­li­ten Ge­fahr dro­hen könn­te. Dazu nutzt das Kom­man­do ei­ge­ne Te­le­sko­pe vor Ort sowie das TIRA-Radar des Fraun­ho­fer-In­sti­tuts in Wacht­berg. Künf­tig sol­len noch die mo­bi­len GE­S­TRA-Ra­dare hin­zu­kom­men.

Die Ent­schei­dung, ihren mi­li­tä­ri­schen An­teil aus­zu­bau­en, fäll­te die Bun­des­wehr schon vor lan­ger Zeit. Be­reits 2013 fiel der Be­schluss zum Bau einer La­ge­zen­tra­le für Welt­raum­ope­ra­tio­nen. Al­ler­dings gab es ste­ti­ge Ver­zö­ge­run­gen. Das Bau­con­tai­ner­pro­vi­so­ri­um wurde zur Lö­sung für eine ganze De­ka­de. Nun soll das Stabs­ge­bäu­de des Kom­man­dos im April 2023 be­zugs­fer­tig sein. Ent­ste­hen soll bis 2027 ein Zwei-Ster­ne-Kom­man­do mit 220 Dienst­pos­ten. Davon sind bis jetzt 90 be­setzt, so der Chef des Sta­bes Man­der­feld. Dazu kom­men noch 26 Fach­leu­te vom DLR.

Das künf­ti­ge Welt­raum­kom­man­do der Bun­des­wehr in Uedem: Bis jetzt ist das Stabs­ge­bäu­de nur eine Hülle mit Flag­gen­wald davor. Die Räume, unter an­de­rem zwei Ope­ra­ti­ons­zen­tra­len, müs­sen noch ab­hör­si­cher mit Tech­nik ein­ge­rich­tet wer­den. (Foto: Ste­phan Pram­me)

Das mi­li­tä­ri­sche Hand­werk im Kom­man­do be­steht aus Be­ob­ach­ten und War­nen. Auf Groß­bild­schir­men in den Con­tai­nern ver­fol­gen Sol­da­ten die Bah­nen der ei­ge­nen Sa­tel­li­ten sowie po­ten­zi­ell ge­fähr­li­che An­nä­he­run­gen und Welt­raum­schrott. Aber die Deut­schen haben auch das „Sa­tel­li­ten­bal­lett“ von China und den USA im Blick, wie sie es nen­nen. Beide Staa­ten steu­er­ten häu­fig an Sa­tel­li­ten des an­de­ren heran und wie­der weg, um die Ge­gen­sei­te aus­zu­kund­schaf­ten, sagt Man­der­feld. Ein Vor­ge­hen, dass wohl­über­legt sein müsse, so der Oberst. „Die kri­ti­sche Res­sour­ce im Welt­raum ist der Sprit. Ma­nö­ver sind en­er­gie­auf­wen­dig und damit kos­ten­in­ten­siv.“

An­nah­men mit Un­ge­nau­ig­kei­ten

Ein Echt­zeit­la­ge­bild wie auf der Erde ist in den Wei­ten des Alls ak­tu­ell un­mög­lich. Mit dem Welt­raum­la­ge­por­tal – pro­gram­miert von DLR und Bun­des­wehr – wer­den Be­we­gun­gen von Kör­pern auf Basis von Va­ria­blen be­rech­net und dar­ge­stellt. „Es geht also häu­fig um An­nah­men mit Un­ge­nau­ig­kei­ten. Wie beim Navi mit dem blau­en Kreis, der nur den un­ge­fäh­ren Stand­ort eines Ob­jekts an­zeigt, wenn die Ver­bin­dung zum Sa­tel­li­ten schlecht ist“, er­läu­tert Man­der­feld. Die All-Ope­ra­teu­re der Bun­des­wehr kön­nen die Kreuz­punk­te von Ob­jek­ten im Welt­raum vor­aus­be­rech­nen. Form und Lage der Ob­jek­te las­sen sich je­doch nicht prä­zi­se er­fas­sen. Doch selbst wenn zwei Sa­tel­li­ten nicht mit ihren Kör­pern in­ein­an­der­ra­sen, könn­ten sie sich Aus­le­ger wie An­ten­nen ab­rei­ßen.

Weit­blick ist somit ent­schei­dend im Welt­raum­la­ge­zen­trum. Es geht darum, die deut­schen Sa­tel­li­ten auf mög­lichst ru­hi­gen Bah­nen zu hal­ten. Je nach Si­tua­ti­on er­stellt die La­ge­zen­tra­le Warn­hin­wei­se oder Ma­nö­ver­emp­feh­lun­gen. Diese gehen dann vor allem an das Kom­man­do Stra­te­gi­sche Auf­klä­rung beim CIR, das die Auf­klä­rungs­sa­tel­li­ten der SAR-Lupe-Kon­stel­la­ti­on be­treibt. Ge­flo­gen wer­den die Sa­tel­li­ten im Auf­trag der Bun­des­wehr wie­der­um von zi­vi­len Stel­len, wie die Firma OHB in Bre­men oder vom DLR in Ober­pfaf­fen­ho­fen. Man­der­feld: „Auf in­ter­na­tio­na­ler Ebene sieht das Welt­raum­recht Kon­sul­ta­tio­nen vor, wenn Ge­fah­ren dro­hen. Ge­hand­habt wird das nicht immer so.  Kon­takt­auf­nah­me mit chi­ne­si­schen Be­trei­bern ge­stal­ten sich der­art schwie­rig, dass man bes­ser dar­auf ver­zich­tet und sel­ber re­agiert.“ Kom­mer­zi­el­le An­bie­ter wie Star­link las­sen schon über eine Künst­li­che In­tel­li­genz Aus­weich­ma­nö­ver ihrer Sa­tel­li­ten durch­füh­ren.

Das Welt­raum­kom­man­do hat nicht nur den Schutz von Deutsch­lands In­fra­struk­tur im All im Blick, son­dern warnt auch vor Über­flü­gen geg­ne­ri­scher Auf­klä­rungs­sa­tel­li­ten. „Die of­fen­sicht­li­che An­wen­dung sind Trup­pen­be­we­gun­gen, die man im kri­ti­schen Zeit­fens­ter bes­ser un­ter­lässt – oder viel­leicht ge­ra­de dann durch­führt.“ Bei­stands­leis­tun­gen für die Ukrai­ne er­brin­ge das Welt­raum­kom­man­do nicht, stellt Man­der­feld auf Nach­fra­ge fest.

Welt­raum­la­ge­feld­we­bel Pas­cal Rink wurde in circa sechs Mo­na­ten auf seine Auf­ga­be vor­be­rei­tet: die Be­ob­ach­tung und Be­wer­tung der Si­tua­ti­on im All. Dafür durch­lief er ein Kurs­pro­gramm im ei­ge­nen Kom­man­do, beim DLR und bei Part­nern wie der US Space Force. (Foto: Ste­phan Pram­me)

Ein ers­ter Auf­trag für das La­ge­zen­trum war die Pa­tri­ot-Ent­sen­dung in die Tür­kei. Dort soll­te das Flug­ab­wehr­sys­tem mög­li­che Ra­ke­ten­an­grif­fe vom sy­ri­schen Kriegs­schau­platz auf die NATO-Al­li­ier­ten ab­weh­ren. Wie bal­lis­ti­sche Ra­ke­ten, er­zeu­gen aus dem All kom­men­de Kör­per einen Feu­er­schweif beim Ein­tritt in die At­mo­sphä­re. Die Welt­raum­ope­ra­teu­re in Uedem sorg­ten mit Wie­der­ein­tritts­mel­dun­gen dafür, dass ab­sin­ken­der Welt­raum­schrott nicht für eine At­ta­cke ge­hal­ten wurde.

Die Er­stel­lung die­ser Mel­dun­gen ist eine Stan­dard­auf­ga­be von Welt­raum­la­ge­feld­we­bel Pas­cal Rink wäh­rend sei­ner Zwölf-Stun­den-Schicht im Kom­man­do. Auch hier kommt wie­der der Schutz der ei­ge­nen Kräf­te ins Spiel. Jüngst stürz­te eine chi­ne­si­sche Ra­ke­te un­kon­trol­liert zu­rück auf die Erde. Aus Kos­ten­grün­den hat­ten deren Stu­fen keine Steue­rung. „Wir be­ob­ach­ten das Flug­ver­hal­ten der Trüm­mer, und ob beim Wie­der­ein­tritt in die At­mo­sphä­re po­ten­zi­el­le Ge­fah­ren für das Bun­des­ge­biet oder die Ein­satz­ge­bie­te der Bun­des­wehr be­stehen“, so Ober­feld­we­bel Rink im Ge­spräch mit loyal.

„Wer­de­gang Welt­raum“

Rink wurde in rund sechs Mo­na­ten für seine Auf­ga­ben in einem Kurs­pro­gramm im ei­ge­nen Kom­man­do, beim DLR und bei Part­nern wie der US-Space Force aus­ge­bil­det. Die Grund­la­ge ist die Or­bi­tal­me­cha­nik, in der ge­lehrt wird, wie sich Ob­jek­te im All ver­hal­ten. Al­ler­dings ist „Welt­raum­la­ge­feld­we­bel“ bis jetzt nur eine Pos­ten­be­schrei­bung. For­mal ist der 42-jäh­ri­ge Rink, der vor Kur­zem als Wie­der­ein­stei­ger zur Luft­waf­fe kam, Flug­be­triebs­feld­we­bel. „Nur so ist für mich der Pfad zum Be­rufs­sol­da­ten bis jetzt mög­lich.“

Sein Vor­ge­setz­ter Oberst Man­der­feld würde das gerne än­dern. Er hofft auf einen „Wer­de­gang Welt­raum“. Der feh­len­de Kar­rie­re­pfad min­dert die At­trak­ti­vi­tät des Welt­raum­kom­man­dos für Sol­da­ten. Ein an­de­rer An­satz für die Zu­kunft wären Fach­kar­rie­ren, in denen man seine Auf­ga­be mehr in der in­halt­li­chen Ent­wick­lung fin­det und we­ni­ger im ver­ti­ka­len Auf­stieg, was aber im Bun­des­wehr­sys­tem bis heute nicht an­ge­legt ist. Dabei sei das In­ter­es­se am Thema Welt­raum im­mens, so Man­der­feld. „Mein Post­fach ist voll von In­itia­tiv­be­wer­bun­gen.“ Auch von Re­ser­vis­ten gebe es zahl­rei­che An­fra­gen. Doch mo­men­tan sehe das Bun­des­amt für Per­so­nal­ma­nage­ment bei der Luft­waf­fe nur Re­ser­ve­dienst­pos­ten für Pres­se- und Per­so­nal­of­fi­zie­re vor, so Oberst Man­der­feld.

Das Welt­raum­la­ge­zen­trum ist bis jetzt noch ein Pro­vi­so­ri­um aus Bau­con­tai­nern – und das schon seit fast zehn Jah­ren. (Foto: Ste­phan Pram­me)

Was ihn be­son­ders um­treibt: Dass al­lein die Luft­waf­fe bis jetzt das ge­sam­te Per­so­nal für das All-Kom­man­do stel­le, sei ein Bal­last für das Welt­raum­the­ma bei der Bun­des­wehr. „Welt­raum ist eine streit­kräf­te­ge­mein­sa­me An­ge­le­gen­heit. Die Luft­waf­fe or­ga­ni­siert das nur für alle.“ Am sinn­volls­ten wäre es, wenn Teil­streit­kräf­te und Or­ga­ni­sa­ti­ons­be­rei­che alle einen be­stim­men An­teil ihrer Dienst­pos­ten in das Welt­raum­kom­man­do ein­brin­gen wür­den, fin­det der Oberst. Das wäre der Weg, um das Kom­man­do vom Luft­waf­fen­an­häng­sel zum Joint Com­mand zu ent­wi­ckeln.

Mi­li­tärs bei einem Tref­fen der US-ge­führ­ten Com­bi­ned Space Ope­ra­ti­ons In­itia­ti­ve im Jahr 2019 in den USA. (Foto: Air Force Space Com­mand)

Mit Star Wars nichts ge­mein

Ge­ra­de ki­ne­ti­sche Ope­ra­tio­nen in der Di­men­si­on Welt­raum brau­chen das Zu­sam­men­spiel aller mi­li­tä­ri­scher Fä­hig­kei­ten – mit Star-Wars-Vor­stel­lun­gen haben sie indes nichts ge­mein. Um einen Sa­tel­li­ten aus­zu­schal­ten, könne es zweck­mä­ßig sein, des­sen Bo­den­sta­ti­on mit Spe­zi­al­kräf­ten des Hee­res zu zer­stö­ren. Der Ein­satz von „Kill­er­sa­tel­li­ten“ sei un­wahr­schein­lich, da viel zu auf­wen­dig, so die Be­wer­tung Man­der­felds. „Um so einen un­se­rer SAR-Lupe-Sa­tel­li­ten si­cher zu ver­nich­ten, müss­te man einen an­de­ren Sa­tel­li­ten auf einen prä­zi­sen Kol­li­si­ons­kurs brin­gen, was schwie­rig zu be­rech­nen ist. Der Auf­wand stün­de in kei­nem Ver­hält­nis zum Er­geb­nis. Ein zer­stör­ter Sa­tel­lit be­deu­tet nicht zwin­gend den Aus­fall einer Kon­stel­la­ti­on.“

Deutsch­lands Welt­raum­in­fra­struk­tur ist ein­fa­cher am Boden ver­wund­bar. Bei­spiel: An­fang des Jah­res gab es einen Brand­an­schlag auf den Sa­tel­li­ten­her­stel­ler OHB in Bre­men – mut­ma­ß­lich durch Links­au­to­no­me. Be­trof­fen waren nur Bü­ro­räu­me – doch zeigt dies die Ver­wund­bar­keit deut­scher Welt­raum­fä­hig­kei­ten au­ßer­halb des Mi­li­tärs.

Zur­zeit er­ar­bei­ten sie im Kom­man­do Ein­satz­grund­sät­ze für Welt­raum­ope­ra­tio­nen. Denn das reine Be­ob­ach­ten und War­nen wie bis­her sind ope­ra­ti­ve Kin­der­schu­he. Das Welt­raum­kom­man­do hat bei kri­ti­schen Mo­men­ten kei­ner­lei Zu­griffs­rech­te auf Sa­tel­li­ten von Bun­des­wehr und zi­vi­len Ak­teu­ren. Auch Sank­ti­ons­me­cha­nis­men gibt es nicht. Man­der­feld: „Jüngst hat­ten wir den Test­sa­tel­li­ten einer deut­schen Uni­ver­si­tät auf Kol­li­si­ons­kurs. Wir brauch­ten vier Tage, um dort je­man­den zu er­rei­chen, der für die Steue­rung zu­stän­dig war.“

Ho­heit­li­ches Nie­mands­land

Ge­ne­rell sind Welt­raum­ope­ra­tio­nen in Deutsch­land ho­heit­li­ches Nie­mands­land. Was im Fall der Lan­des- und Bünd­nis­ver­tei­di­gung mit der Masse zivil ge­flo­ge­ner Sa­tel­li­ten ge­schieht, ist nicht ge­re­gelt. Für deren Si­cher­heit ist das Wirt­schafts­mi­nis­te­ri­um zu­stän­dig – eine Auf­ga­be, für das die­ses Res­sort aber gar nicht aus­ge­legt ist. Das Thema Welt­raum düm­pelt in einem Res­sort­kreis und einem Ko­or­di­nie­rungs­stab, soll­te es zu Kri­sen kom­men.

Man­der­feld: „Frank­reich macht es an­ders. Dort gibt es eine ganz­heit­li­che, stra­te­gi­sche Sicht und Hand­ha­bung der Welt­raum­po­li­tik.“ Mit Paris ist Ber­lin Mit­glied im ex­klu­si­ven „Welt­raum­club“ unter US-Ägide: der Com­bi­ned Space Ope­ra­ti­ons In­itia­ti­ve, einem Bünd­nis zur Ent­wick­lung ge­mein­sa­mer Welt­raum­ope­ra­tio­nen. Doch die Fran­zo­sen haben den Lead bei den PESCO-Rüst­vor­ha­ben für den Welt­raum. Auch das NATO Space Cent­re of Ex­cel­lence si­cher­ten sie sich – gegen die deut­sche Be­wer­bung.

Dabei wird das Thema Welt­raum­si­cher­heit immer aku­ter. Grund dafür ist laut Man­der­feld we­ni­ger der mi­li­tä­ri­sche, son­dern zu­vor­derst der welt­wei­te öko­no­mi­sche Wett­streit. Kon­stel­la­tio­nen aus Tau­sen­den von Klein­sa­tel­li­ten für In­ter­net und Co gel­ten als das Welt­raum­in­vest­ment un­se­rer Zeit. In Deutsch­land ver­sucht der BDI mas­siv Start-ups für Mi­kro­sa­tel­li­ten und Laun­cher zu pu­shen. „Hier gilt bis jetzt Wild West mit dem Recht des Stär­ke­ren. Wer zu­erst seine Mi­kro­sa­tel­li­ten in den re­le­van­ten Or­bits erd­na­her Um­lauf­bah­nen plat­ziert, hat seine Claims ab­ge­steckt.“ Russ­land wie­der­um setz­te sei­nen letz­ten Sa­tel­li­ten­ab­schuss genau so, dass eine Split­ter­wol­ke in jenes Areal ge­sandt wurde, das für eine wei­te­re Aus­brei­tung der US-Star­link-Kon­stel­la­ti­on vor­ge­se­hen war. Aus Sicht des Welt­raum­kom­man­dos wohl kein Zu­fall.

 

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