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„Bes­se­re Rüs­tung in Eu­ro­pa mit Blick auf die Ukrai­ne“




Pro­duk­ti­on von 155-mm-Gra­na­ten bei Rhein­me­tall in Un­ter­lüß. Nicht nur der Ukrai­ne man­gelt es mas­siv an Ar­til­le­rie­mu­ni­ti­on, son­dern ganz Eu­ro­pa. (Foto: pic­tu­re al­li­an­ce / dpa)

loyalrüs­tungUkrai­ne

Dr. Chris­ti­an Möl­ling ist For­schungs­di­rek­tor der Ge­sell­schaft für Aus­wär­ti­ge Po­li­tik in Ber­lin. Er gilt als füh­ren­der Ana­lyst in Deutsch­land zu Rüs­tungs­fra­gen mit Blick auf die Eu­ro­päi­sche Union und die NATO. loyal-Re­dak­teur Björn Mül­ler stell­te ihm fünf Fra­gen zum Thema: „Bes­se­re Rüs­tung in Eu­ro­pa mit Blick auf die Ukrai­ne“.

Die Eu­ro­pä­er grün­den so­ge­nann­te „Ca­pa­bi­li­ty Co­ali­ti­ons“ für die Ukrai­ne. Deren An­spruch ist es, Eu­ro­pas zer­fa­ser­te Waf­fen­lie­fe­run­gen zu kon­so­li­die­ren und lang­fris­tig den mi­li­tä­ri­schen Fä­hig­keits­auf­bau der Ukrai­ne zu ver­bes­sern, etwa den Auf­bau eines Ar­til­le­rie­korps. Ist das ein sinn­vol­ler An­satz?
Ich bin da skep­tisch. Bis jetzt sind das eher po­li­ti­sche Ge­bil­de, die Sta­tus- und Ver­tei­lungs­kämp­fe der Eu­ro­pä­er ab­bil­den. Ge­ra­de Frank­reich scheint mir ein Trei­ber die­ser Ko­ali­tio­nen zu sein, in der Hoff­nung, die Do­mi­nanz der US-Rüs­tung ab­zu­weh­ren. Al­ler­dings ohne Er­folg. Siehe die Ar­til­le­rie­ko­ali­ti­on Frank­reichs. Die Fran­zo­sen mach­ten zu­nächst den Vor­schlag, dass sie von einer Jah­res­pro­duk­ti­on von 78 Cae­sar-Rad­hau­bit­zen, schma­le 12 fi­nan­zie­ren, die Ukrai­ne sechs. Die Masse soll­ten die Al­li­ier­ten der Ram­stein-Ko­ali­ti­on über­neh­men. Das ist ein of­fen­sicht­li­cher Ver­such, die ei­ge­ne Wehr­pro­duk­ti­on von der Ukrai­ne-Hilfe pro­fi­tie­ren zu las­sen. Ge­ne­rell ist es bru­ta­le Rea­li­tät, dass die Eu­ro­pä­er ihre Rüs­tungs­be­mü­hun­gen gegen Russ­land nicht ohne Ver­tei­lungs­kämp­fe un­ter­ein­an­der hin­be­kom­men. Deutsch­land hat mit der Sky-Shield-In­itia­ti­ve zur Luft­ver­tei­di­gung ad hoc ein For­mat hoch­ge­zo­gen, dass klar deut­sche und US-ame­ri­ka­ni­sche Wehr­pro­duk­ti­on be­vor­zugt.

Was wäre ein ef­fi­zi­en­ter An­satz der Eu­ro­pä­er, um die Rüs­tung der Ukrai­ne zu un­ter­stüt­zen?
Ihre Rüs­tung teil­wei­se di­rekt zu fi­nan­zie­ren. Was bei der Ukrai­ne deut­lich wird, ist ein sehr struk­tu­rier­tes Vor­ge­hen. Im Be­reich Land­sys­te­me, wo die Qua­li­tät noch nied­rig ist, geht es mit den Joint Ven­tures erst­mal um Quan­ti­tät. Siehe die kom­men­de Stufe des En­ga­ge­ments von Rhein­me­tall, vor Ort Fuchs-Trans­port­pan­zer aus Bau­sät­zen zu pro­du­zie­ren. Bei Droh­nen da­ge­gen ge­lingt der Ukrai­ne die ra­sche Ent­wick­lung immer leis­tungs­stär­ke­rer Sys­te­me. Ich höre von ukrai­ni­scher Seite: „Wir kön­nen Sys­te­me, die ihr für 2.000 Dol­lar her­stellt, für 500 Dol­lar pro­du­zie­ren.“  Hinzu kommt, dass wir es kaum bes­ser könn­ten. Die Ukrai­ne hat eine un­glaub­li­che Ein­satz­er­fah­rung mit Waf­fen­sys­te­men und er­probt diese und ent­wi­ckelt sie wei­ter mit einem Mi­ni­mum bü­ro­kra­ti­scher Auf­la­gen, weil sie im Krieg steht. An diese Dy­na­mik kom­men die Eu­ro­pä­er mit ihren Waf­fen­lie­fe­run­gen nicht heran. Zumal dort die Denke do­mi­niert, was ge­lie­fer­te Waf­fen­sys­te­me als öko­no­mi­schen Wert dar­stel­len. Leit­ge­dan­ke müss­te aber sein, was die bes­ten Ef­fek­te bringt, mit Reich­wei­ten, Ka­denz und War­tungs­in­ter­val­len.

Dr. Chris­ti­an Möl­ling. (Foto: pri­vat)

Also wäre der An­satz, über Joint Ven­tures eu­ro­päi­scher und ukrai­ni­scher Rüs­tungs­un­ter­neh­men die Wehr­wirt­schaft der Ukrai­ne zu stär­ken, ein Schritt in die rich­ti­ge Rich­tung?
Un­be­dingt. Al­ler­dings zeigt sich hier mit Blick auf Eu­ro­pas wich­tigs­ten Ukrai­ne-Un­ter­stüt­zer Deutsch­land eine zen­tra­le Schwä­che. Alles, was in der Ukrai­ne von deut­scher Seite an Rüs­tungs­ko­ope­ra­ti­on an­läuft, ist rein in­dus­trie­ge­trie­ben – siehe Rhein­me­tall. Des­sen um­trie­bi­ger Kon­zern­chef Pap­per­ger hat hier einen Markt aus­ge­macht, der schnell be­dient wer­den muss. Das ist un­ter­neh­me­risch in Ord­nung, aber zu dürf­tig für den Ukrai­ne-Bei­stand von Eu­ro­pas Wirt­schafts­macht Nr. 1.  Es bräuch­te eine Rüs­tungs­stra­te­gie der Bun­des­re­gie­rung. Mit die­ser lie­ßen sich die Po­ten­zia­le der deut­schen Wehr­in­dus­trie dann um­fas­send für die Ukrai­ne, aber auch die NATO-Al­li­ier­ten be­reit­stel­len. Aber Rüs­tung als Stra­te­gie zum po­li­ti­schen Mehr­wert und gleich­zei­tig mit öko­no­mi­scher Nach­hal­tig­keit ge­stal­ten, kön­nen wir nicht. Rüs­tung gilt hier­zu­lan­de wei­ter­hin als ein Be­reich, der zu­vor­derst über Kon­trol­le ein­ge­hegt wer­den muss.

Was würde solch eine Rüs­tungs­stra­te­gie Deutsch­lands im Kern aus­ma­chen?
Es bräuch­te drei Ele­men­te: ers­tens einen po­li­ti­schen Wil­len, zwei­tens fi­nan­zi­el­le Res­sour­cen und drit­tens eine in­sti­tu­tio­nel­le Steue­rung der di­ver­sen Ak­teu­re der Rüs­tung in Deutsch­land vom Kanz­ler­amt über das Ver­tei­di­gungs- bis zum Au­ßen­mi­nis­te­ri­um. Denk­bar wäre ein Rüs­tungs­ko­or­di­na­tor, der mit sei­nem Pen­dant in der Ukrai­ne er­ör­tern könn­te, was die Ukrai­ne be­nö­tigt, was die deut­sche Wehr­in­dus­trie schon ein­brin­gen kann und wel­che Po­ten­zia­le noch ge­zielt von der Bun­des­re­gie­rung mit In­ves­ti­tio­nen ge­för­dert wer­den soll­ten. Es würde auch Sinn ma­chen, nicht nur bis Kyjiw, son­dern gleich nach Mos­kau zu bli­cken. Deutsch­land könn­te als in­dus­tri­el­les Rück­grat der NATO-Staa­ten bei der Rüs­tung von Land­sys­te­men auf­tre­ten. Ein Bei­spiel, um die Logik zu ver­deut­li­chen: Deutsch­land sam­melt ge­ra­de um­ständ­lich und zeit­rau­bend di­ver­se klei­ne­re Part­ner für die Pro­duk­ti­on einer neuen Leo­pard-2-Ver­si­on. Über­zeu­gen­der wäre es, wenn Ber­lin mit der An­sa­ge, 1.000 Leo­pard 2-A8 zu pro­du­zie­ren, in Vor­leis­tung ginge. Das würde die Stück­kos­ten sen­ken, und ich bin über­zeugt, es wür­den sich ge­nü­gend Ab­neh­mer fin­den. Das wäre ein kla­res Ab­schre­ckungs­si­gnal an Putin: Wir wol­len und kön­nen Qua­li­tät in Quan­ti­tät pro­du­zie­ren. Russ­land hat damit mas­si­ve Pro­ble­me. Es hat von sei­nem mo­derns­ten Kampf­pan­zer Ar­ma­ta bis heute keine Se­ri­en­pro­duk­ti­on.

Was bie­tet der Vor­schlag der EU-Kom­mis­si­on für eine Rüs­tungs­stra­te­gie Eu­ro­pas – ge­ra­de mit Blick auf die Ukrai­ne?
Ich fürch­te, nicht viel. Die Kom­mis­si­on ist hier ein König ohne Land. Die 1,5 Mil­li­ar­den Euro aus dem EU-Bud­get kön­nen keine He­bel­wir­kung ent­fal­ten. Die Hoff­nung der Kom­mis­si­on, die EU-Staa­ten könn­ten ihre na­tio­na­len Bud­gets in eine kol­lek­ti­ve Rüs­tung ein­brin­gen, funk­tio­niert seit 20 Jah­ren nicht. Die Kom­mis­si­on pos­tu­liert einen „Eu­ro­päi­schen Rüs­tungs­markt“ mit der Ukrai­ne. Für den Ab­wehr­kampf der Ukrai­ne kommt das zu spät. Das gilt selbst für kon­kre­te Ideen der Kom­mis­si­on aus dem Stra­te­gie­ent­wurf. Neh­men wir den Vor­schlag, ein EU-In­no­va­ti­ons­bü­ro für Wehr­tech­no­lo­gie in Kyjiw auf­zu­bau­en. Davon sol­len Un­ter­neh­men aus der EU durch einen Zu­gang zu mo­der­ner Droh­nen­tech­no­lo­gie pro­fi­tie­ren. Al­ler­dings sind viele Fir­men längst vor Ort. Um in die­ser kri­ti­schen Phase die EU und Eu­ro­pa bes­ser auf­zu­stel­len, müss­te sich die Kom­mis­si­on mehr als Dienst­leis­ter der Staa­ten ver­ste­hen, deren Ra­tio­nal sie eben nicht fun­da­men­tal be­ein­flus­sen kann. Kurz und gut: Fokus auf das, was schnell und mach­bar ist, wie eine ge­mein­sa­me Mu­ni­ti­ons- und Pul­ver­pro­duk­ti­on. Das sind mi­li­tä­ri­sche Güter, an denen neben der Ukrai­ne alle Eu­ro­pä­er Be­darf haben. Die EU könn­te auch Be­sit­zer, Be­trei­ber und Ver­lei­her von Rüs­tungs- und Dual-Use Gü­tern wer­den und diese an die Staa­ten wei­ter­ge­ben. Auch das er­laubt viel­leicht Stan­dards über Masse und Preis ein­zu­füh­ren.

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