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Laufsteg der Landroboter

Die European Land-Robot Trial (ELROB) ist eine Leistungsschau der Militärrobotik. Vom 24. bis 28. Juni erprobten Industrie und Forschung hier ihre neusten Entwicklungen in der Praxis. Dabei stellte sich die Frage, ob die Bundeswehr die Veranstaltung zur Beschaffungsschau nutzt und wie das mit ihren Depotplänen zusammenpasst.

Ein Sicherungsroboter posiert auf dem Gelände der WTD 1 in Trier.

Foto: loyal

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Der Aufstieg zum Gelände der Wehrtechnischen Dienststelle 41 der Bundeswehr am Trierer Grüneberg gleicht für den ausgemusterten Pressevertreter einer Durchschlageübung. Durch einen dichtbewachsenen Wald und über höchstens schemenhaft angedeutete Wegstücke geht es auf das 200 Hektar große Areal zur Untersuchung und Erprobung von Fahrzeugsystemen, Austragungsort der 12. European Land-Robot Trial, kurz: ELROB. Ziel der Veranstaltung ist es, zu zeigen, was unbemannte mobile Landsysteme in militärischen Kontexten aktuell leisten können, sprich: wie einsatzbereit Roboter im Jahr 2024 sind.

Einige der vorgestellten Roboter-Systeme befinden sich noch in der wissenschaftlichen und technischen Entwicklung, andere stehen anwendungsreif kurz vor der Auslieferung und wieder andere werden bereits verkauft und eingesetzt. Planen die Beschaffungsstellen der Bundeswehr hier schon Einkäufe? „Dazu werde ich mich nicht äußern“, heißt es seitens Hauptmann Maximilian H. Es ist ein Satz, den man an diesem Tag öfters hört. Man konzentriere sich ganz auf die Leistungsschau und das besondere Format der ELROB. Denn sie ist keine Messe, sondern ein Wettbewerb.

Die Sicherung von Gefahrenmaterial ist eine der Aufgaben, die Roboter-Systeme übernehmen können. (Foto: Bannert)

18 Teams aus zwölf Ländern treten in verschiedenen Szenarien gegeneinander an. Die Teilnehmer kommen aus Industrie und Forschung. Mittelständige Unternehmen und große Rüstungskonzerne treffen auf wissenschaftliche Mitarbeiter und Promovenden. Veranstalter ist das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw); die wissenschaftliche Leitung liegt beim Fraunhofer-Institut für Kommunikation, Informationsverarbeitung und Ergonomie (FKIE). Es sei ein kollegiales Leistungsmessen, heißt es von allen Seiten noch bevor es losgeht, mehr Freundschaftsturnier als Meisterschaft.

Insgesamt fünf möglichst praxisnahe Wettbewerbssituationen hat das Amt für Heeresentwicklung entworfen und orientiert sich dabei am hohen Bedarf der Streitkräfte nach automatisierten Systemen. „Der Schutz des Soldaten hat natürlich absolut oberste Priorität“, so ELROB-Gründer und Leiter der FKIE-Forschungsabteilung „Kognitive Mobile Systeme“ Frank Schneider. „Das Transportszenario ist ein Klassiker: Wenn Sie in einem kritischen Gebiet ein autonomes System losschicken, haben sie eben keinen Menschen, der sich in Gefahr begibt.“ In den Szenarien bergen Roboter etwa Personendummies und transportieren sie automatisiert zu einem Ausgangspunkt oder erkunden ein abgedunkeltes Gebiet und erstellen eine Karte der Umgebung.

Manche Systeme funktionieren nahezu autonom, andere werden per Bedienkoffer ferngesteuert. (Foto: loyal)

Im Szenario „EOD“ wenden sich Roboter mit kompaktem Torso und schlaksigen Greifarmen durch Geröll und sichern eine Attrappe. Einen Einsatz wünscht sich Kevin Hawryluk, Head of Robotics der teilnehmenden Firma „Roboverse Reply“, nach einem Ende des Ukraine-Kriegs: „Überall sind IED‘s, überall sind Gefahrenstoffe, die man schnell entschärfen muss. Da können genau diese Systeme zum Einsatz kommen, um den Dreck der anderen zu beseitigen und aufzuräumen.“ In der Minenräumung sind Roboter schon lange im Einsatz. Neu in diesem Jahr ist die VR-Steuerung, die von alteingesessenen 2D-Entschärfen noch kritisch beäugt wird, so Hawryluk. „Aber vor allem die Leute der jungen Generation, die jetzt gerade im Kommen sind und zehn Prozent ihrer Lebenszeit mit dem Gaming verbringen, setzen die VR-Brille auf und können die Roboter nach zehn Minuten recht intuitiv steuern.“

Die umgebauten LKWs können unbemannt im Konvoi folgen. (Foto: Bannert)

Im Szenario „Konvoi“ folgen autonome Lastkraftwagen einem bemannten Fahrzeug, das Datenpunkte der Umgebung sammelt. „Und diese Brotkrümel, wie wir sie nennen, werden dann an das unbemannte Fahrzeug übertragen, das so folgen kann“, sagt Leon Pohl, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Technik autonomer Systeme der Universität der Bundeswehr München. Auf dem Dach der Konvoi-Fahrzeuge sind Autonomie-Kits angebracht, die mit Laserscannern und Kameras arbeiten. Auch hier gibt es neue Entwicklungstrends. Ist das Rheinmetall-Team „InterRoC“ zur letzten ELROB noch mit technologischer Ausstattung der US-amerikanischen Firma „Robotic Research“ angetreten, sind in diesem Jahr erstmals Kits aus hauseigener Entwicklung eingerüstet.

Ein Schiedsrichter begutachtet, wie sich der „Lastesel“ im Gelände schlägt. (Foto: Bannert)

In der Wettbewerbssituation „Mule“ – Lastesel – geht es um autonome Fahrzeuge, die diesmal nicht im Konvoi folgen, sondern eigenständig zwischen zwei Punkten im Gelände pendeln. So können die Systeme bis zu 400 Kilogramm Material zur Unterstützung der Infanterie transportieren. Nach einer Anmerkfahrt haben die Fahrzeuge 50 Minuten lang Zeit, den Parkour eigenständig zu meistern. Der Weg führt durch Wald und über Feld und ist mit Hindernissen gespickt. Man merkt, dass die Roboter eher vorsichtig als übermütig sind. Ein Fahrzeug kommt vor einem drapierten Busch mehrere Minuten zum Stehen. Die Schiedsrichter begutachten die Lage kritisch, bis das Fahrzeug mit einem Schlenker zur Umleitung ansetzt.

Es ist der vorletzte Tag der diesjährigen ELROB und misst bei strahlender Sonne über 30 Grad Celsius. Die Truppenküche des IT-Bataillons 281 aus Gerolstein stellt Verpflegung. „Zum Glück keine Erbsensuppe“, raunt es einstimmig durch die Reihen. Das Kartoffelpüree mit Karotten und Filet oder Bratling kommt sehr gut an. Chef-Schiedsrichter Prof. Dr. Henrik Christensen zieht bei anschließendem Kaffee Bilanz. „Einige der Teams haben wirklich gut abgeschnitten, andere waren aber zu optimistisch, was ihre Systeme angeht. Die Unwägbarkeiten des Geländes sind nicht zu unterschätzen.“ Ein strenges Urteil sei im Sinne der ELROB, die die Systeme so praxisnah wie möglich prüfen soll. „Wir wollen wissen, wann es sicher ist, diese Systeme einzusetzen und wann wir empfehlen können, sie etwa in die Ukraine zu schicken. Wir wollen die Soldaten keiner Technologie aussetzen, die nicht wirklich funktioniert.“

BAAINBw-Präsidentin Annette Lehnigk-Emden fährt persönlich im Konvoi mit. (Foto: Bannert)

Ohne konkret zu werden, schaut sich die Bundeswehr auf der diesjährigen ELROB durchaus nach „Möglichkeiten für neue Beschaffungen“ um, heißt es seitens des BAAINBw. Darüber schwebt die Frage der Finanzierung. Der Fokus der Beschaffungsstellen liegt aktuell auf marktverfügbaren Geräten. Die leeren Bundeswehr-Depots sollen wieder aufgefüllt werden. Gleichzeitig wolle man die Zukunft nicht verspielen und auch in technologischen Fortschritt, wie er auf der ELROB präsentiert wird, investieren, betont BAAINBw-Präsidentin Annette Lehnigk-Emden. Ein Spannungsfeld. Die leeren Depots ebenso wie Zukunftstechnologien zu beachten sind laut Lehnigk-Emden „verschiedene Herangehensweisen, die am Ende zum gemeinsamen Ziel führen.“ Herrscht auf dem Platz noch der Kampfgeist, trägt es sich abseits des Spielfeldes auf der ELROB sehr diplomatisch zu.

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