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Mehr Geld für Rüstung: Die Positionen der Bundestagsfraktionen




F-35 Kampfjets werden in Zukunft die nukleare Teilhabe der Bundeswehr sicherstellen.

Foto: Lockheed Martin

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Ausgelöst durch den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine will die Bundesregierung die Rüstung der Bundeswehr intensivieren. Der Wehretat soll rasch auf zwei Prozent des BIP steigen. Als Hebel dafür ist ein Sondervermögen von 100 Milliarden Euro vorgesehen. .loyal hat die Bundestagsfraktionen gefragt, welche Vorstellungen sie zur militärischen Ertüchtigung haben.

Für die SPD, die das Wehrressort leitet, gehören der Schwere Transporthubschrauber, persönliche Ausstattung der Soldaten, Tornado Nachfolge und elektronische Kampfführung zu den Rüstvorhaben, die über ein Sondervermögen beschleunigt werden sollten. Deren sicherheitspolitischer Sprecher Wolfgang Hellmich gegenüber .loyal: „Zwingend ist aber, dass es für jedes Projekt über 25 Millionen Euro eine Beschaffungsvorlage geben muss, die dem Haushalts- und dem Verteidigungsausschuss vorgelegt wird. Das Parlament wird jedes dieser Vorhaben wie gewohnt kontrollieren und begleiten.“ Eine Ausweitung der deutschen Rüstungsanstrengungen wollen die Sozialdemokraten nutzen, um eine Konsolidierung der europäischen Beschaffung voranzutreiben – mit Fokus auf die EU. Sprecher Hellmich: „Die Verteidigungspolitiker der SPD setzen sich seit Jahren für mehr Zusammenarbeit der Europäer über GSVP und PESCO ein. Wir haben zahlreiche Projekte auf den Weg gebracht, wie die Eurodrohne und FCAS. Hier werden wir weitermachen.“ Bei der Frage nach der Gültigkeit des bestehenden Rahmennationenprofils der Bundeswehr, auf das gerüstet wird, hält sich die SPD zurück. Im Grundsatz sei dieses weiterhin richtig, so Hellmich; ob die Strukturen der Armee angepasst werden müssten, werde eine laufende Prüfung des Verteidigungsministeriums zeigen.

Reform des Beschaffungswesens

„Sicherheit ist mehr als Verteidigung“, gilt für die Grünen, so deren sicherheitspolitische Sprecherin Sara Nanni gegenüber .loyal. Sie betont einen weiten Sicherheitsbegriff mit Energiesicherheit, humanitäre Hilfe, Diplomatie und Entwicklungszusammenarbeit. Dementsprechend sind die Grünen vorsichtig, was eine klare Fokussierung der angekündigten Mittel auf die Rüstung anbelangt, und sehen zumindest möglichen Bedarf einer Ergänzung anderer Etats. „Keine Krise der Zukunft wird allein über Ausgaben im Verteidigungshaushalt zu stemmen sein. Wie und in welcher Höhe der Bundeswehr finanzielle Mittel zukünftig zur Verfügung stehen werden, muss das Parlament entscheiden“. Dringlich für die Grünen ist eine Reform des Beschaffungswesens. Dazu gehöre die Priorisierung von Rüstvorhaben. „Wer Prioritäten setzt, muss auch sagen, was weniger wichtig ist. Auch mit 100 Milliarden können nicht alle Wünsche erfüllt werden“, so Sprecherin Nanni. Ebenso sei eine Koordination auf multinationaler Ebene wichtig, um Fähigkeitslücken gemeinsam mit Partner-Streitkräften zu schließen.

Vollausstattung umsetzen

Für den Regierungspartner FDP gehört die Mittel des Sondervermögens dagegen klar in die Streitkräfte. Der sicherheitspolitische Sprecher der Liberalen Marcus Faber zu .loyal: „Das Sondervermögen ist dafür da, um die Vollausstattung nach dem Rüstungsplan für die Rahmennationenarmee bis 2032 umzusetzen.“ Der Schwerpunkt müsse dabei auf marktverfügbarem Material liegen, nicht auf Entwicklungsprojekten, die erst in 20 Jahren wirken. Andere Sicherheitsthemen wie ein besserer Schutz kritischer Infrastruktur sei nicht Teil des Sondervermögens, sondern müssen separat angegangen werden, so Fabers Sicht. Für ihn ist die Parlamentskontrolle über ein Sondervermögen ausreichend gegeben – mittels jährlich vom Bundestag zu erlassendem Wirtschaftsplan und 25 Millionen Vorlagen. Wie die Regierungspartner SPD und Grüne hat die FDP bei einer verstärkten Rüstung multinationale Projekte im Blick. Sprecher Faber: „Hier sind Beschaffungen wichtig, die Deutschlands Bündnisfähigkeit bei NATO und EU stärken, indem die Interoperabilität steigt. Es gilt zu schauen, was zentrale Verbündete wie die Niederlande und Frankreich beispielsweise bei der Funktechnik haben, wo die Bundeswehr noch hinterherhinkt.“ In Sachen Beschaffungsreform ist das Ausweiten der Direktvergabe von 1.000 auf 5.000 Euro, wie sie von Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) plant, ein sinnvoller Schritt für die Liberalen. Damit entfielen circa 20 Prozent der Beschaffungsvorgänge beim Beschaffungsamt, so Marcus Faber. „Gerade wenn die Investitionen und damit Rüstvorhaben hochgefahren werden, ist das eine wertvolle Entlastung.“

Dauerhaft mehr als zwei Prozent

Die größte Oppositionsfraktion aus CDU/CSU möchte beim Sondervermögen der Ampel-Regierung eine starke Mitsprache. Dazu soll ein „Parlamentarisches Begleitgremium Sondervermögen“ aus Mitgliedern des Haushaltsausschusses sowie des Verteidigungsausschusses eingerichtet werden, das über die Hinterlegung der einzelnen Projekte im Sondervermögen entscheidet, so der verteidigungspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Florian Hahn zu .loyal. Für die Konservativen dürfe das Sondervermögen ausschließlich der Bundeswehr zugutekommen und zudem „unabhängig vom Zwei-Prozent-Ziel“. Florian Hahn: „Mit dem Bekenntnis, nicht nur einmalig als Anschubfinanzierung, sondern dauerhaft mehr als zwei Prozent für Verteidigung auszugeben, können wir auch das Rahmennationenkonzept mit neuem Leben ausfüllen und unseren Beitrag leisten.“ Als Beispiel nennt Hahn das Thema Luftverteidigung der Zukunft, wo Deutschland die „Leadnation“ sei. Für CDU/CSU ist eine europäische Sicherheits- und Verteidigungsunion das Langfristziel. Als ein Verbund kompatibel ausgerüsteter nationaler Armeen, mit gemeinsam beschaffter Ausrüstung, die eng kooperieren. Sprecher Hahn: „Effizientere Rüstungskooperationen könnte hier durch eine gemeinsame europäische Rüstungs- und Beschaffungsagentur erfolgen. Mit der Gründung der Europäischen Verteidigungsagentur (EDA) im Jahre 2004 haben wir einen ersten notwendigen Schritt gemacht.“

Fähigkeitslücken schließen

Für die AfD wäre zentral, dass die Mittel des Sondervermögens ausschließlich in Rüstungsgüter für die Bundeswehr fließen, um deren größte Fähigkeitslücken zu schließen, so der verteidigungspolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion, Rüdiger Lucassen, zu .loyal. „Eine nachträgliche Zweckentfremdung, etwa für Maßnahmen der Energieversorgung oder des Klimaschutzes, muss ausgeschlossen sein.“ Die AfD betrachtet das Rahmennationen-Profil der Bundeswehr zum Andocken kleiner Partner-Armeen weiterhin als stimmig – allerdings nur, wenn Deutschland umfassend im Lead bleibe. Militärische Kernfähigkeiten dürften nicht an andere Nationen abgegeben werden. Als Beispiel nennt Lucassen hier den Schweren Transporthubschrauber. Für eine besser aufgestellten europäische Verteidigung sei der Faktor Zeit durch den russischen Angriff entscheidend geworden. Der Nachholbedarf müsse nun schnell gedeckt werden. Lucassen: „Der Weg muss demnach über marktverfügbare Systeme gehen, bei denen sich die NATO-Staaten mit ihrer wehrtechnischen Industrie eng abstimmen müssen. Kernfähigkeiten, wie der deutsche Panzerbau, sollten bevorzugt auch von anderen NATO-Partner genutzt werden. Im Gegenzug würde Deutschland, etwa bei Luftfahrzeugsystemen, ebenfalls bei Partnern bestellen.“

Linksfraktion gänzlich dagegen

Nur die Linken-Fraktion stellt sich gänzlich gegen ein Sondervermögen zur Bundeswehr-Rüstung. Deren verteidigungspolitischer Sprecher Ali Ali-Dailami gegenüber .loyal: „Seine Einrichtung ist mit den Werten des Grundgesetzes unvereinbar. Eine mehr oder weniger demokratische Kontrolle in der Ausgestaltung ändert daran nichts.“ Die Rahmennationenarmee als Ziel der angekündigten Beschaffungsoffensive sehen die Linken kritisch. Dieses sei ursprünglich gegründet worden, um sinkende Verteidigungshaushalte seit den 1990er-Jahren aufzufangen. Ein inzwischen obsoleter Ansatz wegen steigender Rüstungsausgaben der letzten Jahre. „Das Rahmennationenkonzept forciert darüber hinaus mittelfristig Entwicklungen hin zu einer gesamteuropäischen Armee mit Deutschland als dominierender Führungsmacht. Der gegenwärtige Krieg in der Ukraine zeigt jedoch, dass es statt weiterer Militarisierung des Kontinents dringend einer gesamteuropäischen Abrüstungsoffensive bedarf“, so Ali-Dailami. Eine verstärkte europäische Wehrzusammenarbeit im Zuge des Ukraine Krieges ist aus Sicht der Linken nicht zielführend für mehr Sicherheit auf dem Kontinent. Die EU solle stattdessen besser in die Entwicklungszusammenarbeit und zivile Konfliktlösungskonzepte investieren, meint Ali-Dailami.

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