Ehemalige Soldaten der Bundeswehr soll an einem eigenen Veteranentag gedacht werden. Diese Idee des Reservistenverbandes hat die Politik inzwischen aufgegriffen. Eine Mehrheit im Bundestag zeichnet sich dafür ab. Ergibt so ein Ehrentag Sinn? *
JA
Ein nationaler Veteranentag ist längst überfällig. Er gehört in vielen anderen Ländern zur gesellschaftlichen Kultur und bietet die Möglichkeit, Veteraninnen und Veteranen näher mit der Bevölkerung zusammenzubringen. Der Ukrainekrieg hat zu einem allgemeinen Umdenken im Umgang mit der Bundeswehr geführt. Während die Auslandseinsätze der vergangenen Jahrzehnte weitgehend außerhalb der deutschen Lebensrealität stattgefunden haben, sind die Auswirkungen nun unmittelbarer spürbar. Trotz aller Tragik ergibt sich damit auch ein historisches Momentum, das komplizierte Verhältnis von Bundeswehr und Gesellschaft neu auszutarieren. An einem Veteranentag kann die Öffentlichkeit zeigen, dass sie diejenigen wertschätzt, die ihr Leben in den Dienst der Gemeinschaft stellen und sie ihnen einen Platz in ihrer Mitte gewährt. Die Politik muss nun den Mut haben, die gebührende Ausgestaltung auf Bundes-, Landes- und regionaler Ebene voranzutreiben und Initiativen auch gegen mögliche Widerstände durchsetzen.
Oberstleutnant i.G. Marcel Bohnert
Stellvertretender Bundesvorsitzender des DBwV
NEIN
Die Debatte um den Veteranentag beginnt schon mit einem Streit um Begrifflichkeiten. Während das Verteidigungsministerium jeden, der den Wehrdienst irgendwie abgesessen hat, als Veteranen bezeichnet, wollen einzelne Politiker und Verbände diesen Status auf „Einsatzveteranen“ beschränken oder an „militärische Leistungen“ knüpfen. Spaltung unter Kameraden ist programmiert, wohingegen unklar ist, welche Lücke ein Veteranentag denn füllen muss. Öffentliche Anerkennung erhalten wir Soldaten bereits mit dem Tag der Bundeswehr, und den Gefallenen und Versehrten wird am Volkstrauertag gedacht. Die tatsächliche Versorgung der Einsatzgeschädigten wird durch einen bundesweiten Festakt nicht verbessert. Durch die angekündigten Veranstaltungen würde genau das Personal in Stäben und Truppe zusätzlich gebunden, dessen Ausbildungs- und Übungsbetrieb durch Corona-Delle, Ukraine-Ausbildung und Daueraufträge wie Einsatzgestellung jetzt schon dem Anspruch der Kriegstüchtigkeit nicht gerecht werden kann. Der Tag ist Symbolpolitik, die wir uns derzeit schlichtweg nicht leisten können.
Julian Werner
Oberleutnant der Fallschirmjägertruppe mit zwei Auslandseinsätzen
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