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Umfrage zu Langstrecken-Präzisionswaffen




Das High Mobility Artillery Rocket System (M 142 HIMARS) im Einsatz bei einer Übung in Alaska.

Foto: U.S. Air Force / Beaux Hebert

loyalrüstungUmfrage

loyal hat die Bundestagsparteien gefragt, wie sie zur Rüstung mit modernen Langstreckenpräzisionslenkwaffen stehen.* Es zeigt sich: Die Ansichten gehen weit auseinander.

Sollten die USA konventionelle Langstreckenpräzisionswaffen neuer Generation in Deutschland und Europa stationieren?

Die CDU/CSU ist klar dafür. Deren verteidigungspolitischer Sprecher Florian Hahn: „Die Stationierung ist eine Antwort auf die russische Bedrohung, welche unter anderem von der Stationierung russischer Iskander-Raketen in der Oblast Kaliningrad ausgeht. Weil Putin nur Zeichen der Stärke versteht, ist die US-Entscheidung folgerichtig.“

Auch die Liberalen wären für eine US-Stationierung als Teil der NATO-Bewaffnung zur Abschreckung. Die Bedeutung von Deep-Strike-Systemen zeige der Ukraine-Krieg unbestreitbar, so Alexander Müller, verteidigungspolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion.

Die AfD ist dagegen. Laut deren verteidigungspolitischem Sprecher Rüdiger Lucassen müssen solche überregionalen Waffensysteme stets im Kontext des nuklearen Potenzials betrachtet werden, was in Deutschland bisher nicht geschehen sei. Zudem unterliefen solche US-Waffen das Ziel, mehr strategische Autonomie von den USA zu erreichen.

Ebenfalls ablehnend äußert sich der Sprecher für Verteidigung der Linken-Gruppe im Bundestag, Dietmar Bartsch. Laut ihm gibt es keinen Abschreckungseffekt solcher Waffen. Ebenso müssten die US-Atomwaffen aus Europa abgezogen werden. Frieden gäbe es nur über Verhandlungen mit Russland.

Für den verteidigungspolitischen Sprecher der SPD Wolfgang Hellmich stellt sich die Frage nach einer Stationierung neuer, konventioneller Langstreckenpräzisionswaffen der USA in Europa noch nicht. Wenn sie anstehe, müsse sie engstens in der NATO besprochen werden, so Hellmich zu loyal.

Die Grünen halten US-Langstreckenlenkwaffen in Europa für militärisch nicht notwendig. Ausreichend sei die NATO-Luftkriegsstrategie mit ihrem Konzept einer tiefen Penetration des feindlichen Luftraums über luftgestützte Abstandswaffen wie dem Marschflugkörper Taurus, so Philip Krämer, Berichterstatter der Grünen-Bundestagsfraktion für Luftwaffe und Marineflieger.

Sollte Deutschland national oder im europäischen Verbund solche Langstreckenpräzisionswaffen entwickeln?

Die gemeinsame Entwicklung eines luftgestützten europäischen Marschflugkörpers fände die Unterstützung der CDU/CSU, so Sprecher Florian Hahn. „Mit einer Reichweite größer als 500 Kilometer, welche in die gängigen europäischen Luftfahrzeugmuster integrierbar ist, wäre dies ein Fähigkeitssprung.“

Auch die FDP votiert für einen Aufbau europäischer Kapazitäten. „Die Bestände an Deep-Strike-Fähigkeiten in Europa sind aufgrund struktureller Unterfinanzierung seit dem Kalten Krieg stark geschrumpft“, so Alexander Müller. Die Bundeswehr und ihre europäischen Partnerarmeen müssten neue technologische Trends bei diesen Waffensystemen abbilden.

Die AfD sieht ein Interesse Deutschlands an der Entwicklung, zum Erhalt einer leistungsfähigen Rüstungsindustrie. Allerdings fehle bis dato ein Einsatzszenario und -konzept für Langstreckenpräzisionslenkwaffen der Bundeswehr. Des Weiteren gibt Rüdiger Lucassen von der AfD zu bedenken: „Wie wäre die Reaktion einer Nuklearmacht, wenn sie sich dadurch empfindlich getroffen oder sogar in ihrer Existenz bedroht sieht?“

Die Linken wollen weder eine deutsche noch europäische Entwicklung solcher Waffensysteme. Dies erhöhe die Gefahr einer weiteren Rüstungseskalation. „Die Gefahr eines 3. Weltkrieges ist kein Hirngespinst“, so Dietmar Bartsch gegenüber loyal.

Die Grünen halten eine nationale sowie europäische Rüstung mit solchen Langstreckenpräzisionswaffen für nicht notwendig. Ausreichend sei eine Befähigung zur Abwehr wie über das PESCO-Vorhaben „Twister“. Philip Krämer von den Grünen: „Deutschland soll seine Ressourcen besser auf militärische Kompetenzen konzentrieren, die es bei der NATO angemeldet hat, wie Landsysteme, elektronische Kampfführung und Luftverteidigung.“

Für SPD-Sprecher Wolfgang Hellmich ist die Entwicklung von konventionellen Langstreckenpräzisionswaffen eine Frage, die über die NATO abgestimmt werden müsse.

Hyperschall-Langstreckenpräzisionswaffen: Sollten sich Deutschland und Europa auf die angelaufene Abwehrrüstung – siehe Sky Shield Initiative und Twister – beschränken oder auch Gegenschlagsfähigkeiten über Hyperschall­systeme aufbauen?

Für die CDU/CSU sollte der Schwerpunkt zunächst auf der Weiterentwicklung von Abwehrmöglichkeiten liegen. Die technologische Weiterentwicklung von Hyperschallwaffen in Deutschland und Europa werde noch lange Zeit in Anspruch nehmen. „Gleichwohl ist die Entwicklung nicht mehr aufzuhalten und sollte auch von Europa angegangen werden“, so Florian Hahn.

„Für die FDP ist das wichtigste Ziel, das mit Hyperschallwaffen einhergehende Erpressungspotenzial durch defensive Maßnahmen zu reduzieren“, sagt deren Sprecher Alexander Müller. Das Mittel dazu sei die Investition in die Raketenabwehr über die European Sky Shield Initiative. Hierauf sollten die strategischen Fähigkeiten der Europäer beruhen. Allerdings dürfe Europa auch Gegenschlagsfähigkeiten nicht aus den Augen verlieren. „Die Entwicklung von Hyperschallwaffen durch unseren engen Partner Frankreich ist hier ein positives Signal.“

Auch aus Sicht der Grünen hat die Abwehrrüstung von Hyperschallwaffen über „Twister“ Vorrang. Hyperschallfähigkeiten über Begleitsysteme des FCAS könnten künftig sinnvoll sein. „Doch zunächst müssten die Basics dieses Mammutprojekts auf den Weg gebracht werden“, so Philip Krämer.

Für AfD-Sprecher Rüdiger Lucassen gilt: „Ein Aufbau konventioneller Hyperschall-Gegenschlagsfähigkeiten lässt sich nicht vom nuklearen Potenzial des Gegners trennen.“ Zunächst müsse geklärt werden, wie sich dies in das bestehende System gegenseitiger Abschreckung einfüge.

Position der Linken im Bundestag ist, dass sich Deutschland und Europa auf Hyperschall-Abwehrfähigkeiten beschränken sollte. „Eine Ausweitung der Rüstung auf Gegenschlagsfähigkeiten wäre sicherheitspolitisch kontraproduktiv und haushaltspolitisch unvermittelbar“, so Linken-Sprecher Dietmar Bartsch.

Der verteidigungspolitische Sprecher der Sozialdemokraten Wolfgang Hellmich verweist auf den Aufbau der European Sky Shield Initiative durch Deutschland zur Stärkung der Luftverteidigungsfähigkeiten.


*Von der Bundestagsgruppe „Bündnis Sahra Wagenknecht“ war trotz mehrfacher Nachfrage durch loyal keine Einordnung zu erhalten.

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