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Zweit­schlag-Ga­ran­tie: Stra­te­gi­sche U-Boote als Mit­tel der Ab­schre­ckung

Sechs der acht be­kann­ten Nu­kle­ar­mäch­te be­sit­zen bal­lis­ti­sche Atom­ra­ke­ten, die auf Un­ter­see­boo­ten ge­führt wer­den. In­ter­na­tio­nal wer­den diese Waf­fen als SLBM (Sub­ma­ri­ne-Laun­ched Bal­li­stic Mis­si­le) be­zeich­net. Die als Ra­ke­ten­trä­ger ein­ge­setz­ten U-Boote  wer­den als stra­te­gi­sche Un­ter­see­boo­te oder (unter Ver­wen­dung des US-ame­ri­ka­ni­schen Ken­nungs­sys­tems) als SSBN be­zeich­net.

Die stra­te­gi­sche U-Boot-Flot­te Russ­lands ist im Nord­meer sta­tio­niert. Das Foto zeigt ein Boot der Akula-Klas­se, die in Russ­land unter der Be­zeich­nung „Pro­jekt 971“ läuft. Diese U-Boote kön­nen auch mit bal­lis­ti­schen Ra­ke­ten be­waff­net wer­den. Sie sind seit 1984 im Ein­satz.

Foto: imago images / ITAR-TASS

U-Boote

Bal­lis­ti­sche Atom­waf­fen auf U-Boo­ten haben einen be­son­de­ren stra­te­gi­schen Stel­len­wert. Im Ge­gen­satz zu land­ge­stütz­ten Ra­ke­ten oder Atom­bom­bern ist der Stand­ort eines ab­ge­tauch­ten U-Boo­tes un­be­kannt. Dies hat meh­re­re Vor­tei­le. Die Vor­be­rei­tung eines Ra­ke­ten­starts er­folgt unter Was­ser, der Über­ra­schungs­mo­ment bleibt er­hal­ten. U-Boote kön­nen aus jedem zu­gäng­li­chen Ge­wäs­ser her­aus an­grei­fen, sogar von un­ter­halb der Po­lar­eis­de­cke; ein Geg­ner kann den An­griffs­win­kel nicht vor­her­sa­gen. Fer­ner kön­nen stra­te­gi­sche U-Boote, im Un­ter­schied zu In­ter­kon­ti­nen­tal­ra­ke­ten, sich dem Ge­biet des Geg­ners nä­hern, die Flug­zeit der Atom­ra­ke­ten ist kür­zer. Aus die­sen Grün­den eig­nen sich SLBM für Über­ra­schungs­an­grif­fe, ins­be­son­de­re gegen Füh­rungs­zen­tra­len des Geg­ners.

Be­son­ders wich­tig ist die Tat­sa­che, dass der Geg­ner kei­nen Erst­schlag gegen ein ver­deckt fah­ren­des stra­te­gi­sches U-Boot aus­füh­ren kann. Selbst wenn die ei­ge­nen In­ter­kon­ti­nen­tal­ra­ke­ten oder Flug­plät­ze zer­stört wer­den, ver­blei­ben die SLBM als Waffe für einen ver­hee­ren­den Ver­gel­tungs­schlag. Folg­lich wird die­sen Waf­fen ein star­kes Ab­schre­ckungs­po­ten­zi­al nach­ge­sagt. Be­reits aus die­sem Grund gel­ten sie häu­fig als wich­tigs­tes Ele­ment im Kern­waf­fen­ar­se­nal.

Ein­satz­tak­tik

Stra­te­gi­sche Un­ter­see­boo­te wer­den spe­zi­ell für den SLBM-Ein­satz ent­wor­fen und aus­ge­rich­tet. Die grö­ß­ten Ein­hei­ten kön­nen bis zu 20 mehr­stu­fi­ge Atom­ra­ke­ten in Waf­fen­si­los füh­ren, wobei die Ra­ke­ten je nach Typ bis zu zehn Spreng­köp­fe haben kön­nen. SSBN kön­nen mo­na­te­lang ab­ge­taucht fah­ren, um der Or­tung per Flug­zeug oder Sa­tel­lit zu ent­ge­hen. Um der Er­fas­sung durch Sonar zu ent­ge­hen, wird der ge­sam­te Schiffs­rumpf mit einem schall­ab­sor­bie­ren­den Über­zug aus­ge­stat­tet.

Vor allem die U-Boote der NATO-Staa­ten sowie Russ­lands sind aus­ge­rich­tet, unter der ark­ti­schen Eis­de­cke zu fah­ren. In eis­frei­en Ge­wäs­sern bleibt das U-Boot beim Ab­feu­ern einer Ra­ke­te ab­ge­taucht. Die Ra­ke­te wird per Press­luft aus ihrem Silo be­för­dert. Die erste Trä­ger­stu­fe zün­det, wenn die Ra­ke­te die Was­ser­ober­flä­che durch­bricht. In ark­ti­schen Ge­wäs­sern durch­bricht das U-Boot zu­erst die Eis­de­cke, und star­tet an­schlie­ßend die Ra­ke­te.

SSBN-Flot­ten der Welt

Die US Navy be­sitzt mit 14 U-Boo­ten der Ohio-Klas­se die welt­weit grö­ß­te SSBN-Flot­te. Jedes U-Boot führt bis zu 20 Atom­ra­ke­ten vom Typ Tri­dent II-D5. Jede die­ser 13 Meter lan­gen Ra­ke­ten ist aus­ge­rich­tet, bis zu 14 Spreng­köp­fe zu füh­ren; aus Rüs­tungs­kon­troll­grün­den wer­den al­ler­dings nur vier Spreng­köp­fe pro Ra­ke­te mon­tiert (Nutz­last je­weils zwi­schen 5 und 475 Ki­lo­ton­nen). Je nach Schwe­re der Nutz­last be­trägt die Reich­wei­te der Tri­dent II zwi­schen 7.400 und 13.000 Ki­lo­me­tern. In den 2030er-Jah­ren will die US Navy neue SLBM wie auch eine neue SSBN-Klas­se (Co­lum­bia Class) ein­füh­ren.

Großbri­tan­ni­en und Frank­reich be­sit­zen je­weils vier SSBN (16 SLBM pro U-Boot). Die bri­ti­sche Van­guard-Klas­se, die in zehn Jah­ren durch die Dre­ad­nought-Klas­se ab­ge­löst wird, führt die Tri­dent-II-Ra­ke­te. Die fran­zö­si­sche Le Triom­phant-Klas­se führt die selbst ent­wi­ckel­ten Ra­ke­ten­ty­pen M45 (seit 1996) und M51 (seit 2010 mit 6 bis 10 Spreng­köp­fen, Reich­wei­te 10.000 Ki­lo­me­ter). Vier neue U-Boote sol­len in den 2030er-Jah­ren ein­ge­führt wer­den.

Das ame­ri­ka­ni­sches U-Boot der Ohio-Klas­se „USS Ne­bras­ka“ feu­ert zu Übungs­zwe­cken eine un­be­waff­ne­te, aber nu­kle­ar be­stück­ba­re Tri­dent II-D5-Ra­ke­te ab. (Foto: Ro­nald Gu­tridge/U.S. Navy)

Russ­land be­sitzt mit elf Ein­hei­ten die welt­weit zweit­grö­ß­te SSBN-Flot­te. Seit 2013 wird die neue Borei-Klas­se ein­ge­führt. Vier der ge­plan­ten zehn Ein­hei­ten sind be­reits im Dienst. Die Borei-Klas­se er­reicht of­fi­zi­ell eine Tauch­tie­fe von 450 Me­tern. Sie setzt 16 RSM-56-Bu­la­va-SLBM ein. Diese 2018 in Dienst ge­stell­te Ra­ke­te führt bis zu sechs Spreng­köp­fen (100-150 Ki­lo­ton­nen) und be­sitzt eine Reich­wei­te von 8.000 bis 10.000 Ki­lo­me­tern. Die stärks­te Ra­ke­te im Ar­se­nal ist al­ler­dings die R-29R­MU2 Lay­ner. Die 2014 ein­ge­führ­te Waffe fasst bis zu zehn Spreng­köp­fe (oder vier Spreng­köp­fe a je­weils 500 Ki­lo­ton­nen) und hat hat eine Reich­wei­te von 11.000 Ki­lo­me­tern.

China un­ter­hält der­zeit sie­ben SSBN, doch sol­len wei­te­re zehn ein­ge­führt wer­den. Acht der ge­plan­ten Ein­hei­ten ge­hö­ren zur neu ent­wi­ckel­ten Klas­se 096. Ge­gen­wär­tig ein­ge­setz­te SLBM haben 8.000 Ki­lo­me­ter Reich­wei­te. Die ab 2025 ein­zu­füh­ren­de JL-3-Ra­ke­te soll 9.000 bis 12.000 Ki­lo­me­ter Reich­wei­te be­sit­zen. Dies würde es chi­ne­si­schen SSBN er­lau­ben, aus den ei­ge­nen Ter­ri­to­ri­al­ge­wäs­sern her­aus die US-West­küs­te an­zu­grei­fen.

In­di­en stell­te 2016 das Typ­schiff der Ari­hant-SSBN-Klas­se in Dienst. Das zwei­te Schiff die­ser Klas­se soll 2022 ein­ge­setzt wer­den. Die 6.000 Ton­nen schwe­ren Ein­hei­ten füh­ren zwölf SLBM mit 750 Ki­lo­me­tern Reich­wei­te oder vier K-4-Ra­ke­ten mit 2.500 Ki­lo­me­tern Reich­wei­te. Bis 2025 sol­len wei­te­re zwei Ari­hant in Dienst ge­stellt wer­den. Sie wer­den 7.000 Ton­nen Ver­drän­gung haben und die dop­pel­te Nutz­last füh­ren. Sämt­li­che SLBM In­di­ens haben nur einen Spreng­kopf. Dies gilt auch für die in Ent­wick­lung be­find­li­che K-5 mit einer Reich­wei­te von 5.000 Ki­lo­me­tern.

Nord­ko­rea tes­te­te im Ok­to­ber 2019 einen als Puk­guk­song-3 be­zeich­ne­te SLBM. Süd­ko­rea­ni­sche Streit­kräf­te do­ku­men­tier­ten einen 450 Ki­lo­me­ter lan­gen Flug, in des­sen Ver­lauf die Ra­ke­te eine Höhe von 910 Ki­lo­me­tern er­reich­te. Im Ja­nu­ar 2021 stell­te Nord­ko­rea im Rah­men einer Mi­li­tär­pa­ra­de eine noch grö­ße­re Ra­ke­te vor. Ob diese be­reits ein­satz­be­reit sind oder tat­säch­lich Kern­waf­fen füh­ren kön­nen, ist nicht be­kannt. Aus stra­te­gi­scher Sicht dürf­te Nord­ko­rea SLBM an­stre­ben, um US-ame­ri­ka­ni­sche, süd­ko­rea­ni­sche und ja­pa­ni­sche Ein­rich­tun­gen von Osten her zu be­dro­hen.

Trends

Im Rah­men der Flot­ten­mo­der­ni­sie­rung wer­den in der Regel neue SSBN-Klas­sen ein­ge­führt, die grö­ßer als ihre Vor­gän­ger sind. Die zu­sätz­li­che Länge, Brei­te und Ton­na­ge stei­gert die Nutz­last­ka­pa­zi­tät (Aus­nah­men bil­den die ge­plan­ten bri­ti­schen und US-ame­ri­ka­ni­schen SSBN, die we­ni­ger Ra­ke­ten als die ge­gen­wär­tig ein­ge­setz­ten Klas­sen füh­ren sol­len). Neue U-Boote haben auch bes­se­re Ste­alth-Ei­gen­schaf­ten, um der Er­fas­sung durch (leis­tungs­ge­stei­ger­te) geg­ne­ri­sche Sen­so­ren zu ent­ge­hen. Hier­zu ge­hört die Ein­füh­rung voll-elek­tri­scher An­triebs­sys­te­me sowie der Ein­satz von ge­räusch­ar­men Was­ser­strahl­pum­pen an­statt Schiffs­schrau­ben. Auf der neuen US-ame­ri­ka­ni­schen Co­lum­bia-Klas­se wird erst­ma­lig auch ein Re­ak­tor ein­ge­führt, des­sen Brenn­stä­be nicht aus­ge­tauscht wer­den müs­sen, son­dern un­un­ter­bro­chen 42 Be­triebs­jah­re er­mög­li­chen.

Eine der Kern­fra­gen des neuen Kal­ten Kriegs lau­tet: Wie be­re­chen­bar sind nu­klea­re New­co­mer wie etwa Nord­ko­rea? Hier Dik­ta­tor Kim Jong-un bei einem Be­such im In­sti­tut für Atom­waf­fen. (Foto: imago / UPI Pho)

Auch bei der Ent­wick­lung neuer Ra­ke­ten­ty­pen wer­den Prio­ri­tä­ten ge­setzt. Hier­zu ge­hö­ren ge­stei­ger­te Reich­wei­te, ver­bes­ser­te Ziel­ge­nau­ig­keit durch neue Sen­so­ren und Füh­rungs­elek­tro­nik, sowie die Fä­hig­keit, geg­ne­ri­sche Ra­ke­ten­ab­wehr­sys­te­me zu über­win­den. In letz­te Ka­te­go­rie fal­len etwa ma­nö­vrier­fä­hi­ge Nutz­last­trä­ger, Täusch­kör­per, sowie neue Ma­te­ria­li­en, die die Er­fas­sung durch Radar oder Wär­me­sen­so­ren er­schwe­ren.

Eine Al­ter­na­ti­ve zu den SLBM bil­den ato­mar be­stück­te Marsch­flug­kör­per. Pa­ki­stan setzt auf diese Tech­no­lo­gie. Der ei­gens ent­wi­ckel­te Hatf-VII- oder Babur-Marsch­flug­kör­per kann einen kon­ven­tio­nel­len oder einen ato­ma­ren Spreng­kopf füh­ren. Die Waffe wurde 2017 und 2018 er­probt. Es wird in­ter­na­tio­nal ver­mu­tet, dass Hatf-VII auf den bei­den die­sel­elek­tri­schen Un­ter­see­boo­ten der Hash­mat-Klas­se ge­führt wird. Russ­land mel­de­te im Ok­to­ber die Ver­bes­se­rung die­ses Kon­zepts. Das Jagd­un­ter­see­boot „Se­ver­od­vinsk“ star­te­te aus 40 Meter Tiefe einen Hy­per­schall­marsch­flug­kör­per vom Typ Tsir­kon. Die künf­ti­ge Fä­hig­keit, hy­per­schall­schnel­le Kern­waf­fen auch per Jagd­un­ter­see­boot ein­zu­set­zen, könn­te zu einer Ver­la­ge­rung des stra­te­gi­schen Gleich­ge­wichts füh­ren.

Le­se­tipp: Kal­ter Krieg 2.0

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